Katharina Duwe

Über Katharina Duwe

Heinz Spielmann, Hamburg, 2017

Auszug aus dem Text zur Ausstellung „Die Künstlerfamilie Duwe“ in der Handelskammer Hamburg

Katharina Duwe unternahm eine ihrer ersten Malreisen nach Frankreich - in Begleitung ihrer Mutter. Sie wuchs in der ihr von Kindheit an vertrauten Tradition realistischer Malerei auf, die ihr Frühwerk bestimmt. Nach ihrem Studium, das zunächst der Archäologie und der Kunstgeschichte gegolten hatte, bevor sie sich der Malerei zuwandte, ging sie wieder nach Südfrankreich, in die Nähe des Pont du Gard. Diese Umwelt entsprach ihren Neigungen zur archäologisch-kunsthistorischen Tradition und zur Malerei. 1984, im Todesjahr ihres Vaters, malte sie einen einsamen Mann „Am Meer“, ein Hinweis darauf, dass damit in ihren Bildern die existenzielle Bedingung des Menschen an Gewicht gewinnen sollte. Der ersten, unmittelbar an ihre Studienzeit folgenden Arbeitsphase folgte eine zweite, experimentelle. Es entstanden Collagen, Reliefs und dreidimensionale Arbeiten. Die Gemälde dieser Periode besitzen einen collagehaften Charakter. Katharina Duwes Thema blieb ihre Umwelt, nicht jedoch die Natur, sondern die artifizielle Umwelt eines nach außen gewendeten Lifestyles. Er spiegelt sich in einer hellen, mehr im Kunst- als im Tageslicht gegenwärtigen Farbigkeit wider. Katharina Duwe sieht diese Talmiwelt durchaus kritisch, jedoch weder ideologisch noch in polemischer Attitüde. Sie sagte gleichsam: „Seht euch an, was es so gibt - oberflächliche Ästhetik, Talmi, vergängliches Tagesentertainment.“ Eines der aus unterschiedlichen Themen und Darstellungsmodalitäten zusammengefügten Gemälde jener Jahre trägt den kennzeichnenden Titel „Der schöne Schein“.

»Am Meer«   1984   135 × 86 cm »Der schöne Schein«   2005   185 × 150 cm

In den collagehaften Bildern sieht man gelegentlich eine junge Frau - ein Alter Ego der Malerin -, die mitten in einer künstlichen Welt lebt, von dieser aber offenbar nicht berührt wird. Aus ihrem Gesicht sprechen Distanz, Neugier, Verletzlichkeit. Unter dem Eindruck der collagehaften Inszenierungen am New Yorker Times Square wandte sich Katharina Duwe nach ihrer Rückkehr aus den USA der Stadtlandschaft zu. Die artifizielle Kunstlichtwelt der Städte blieb weiterhin ihr wichtigstes Thema. Sie erlebt die Unrast dieser Welt, die vorbeigleitenden Autos, ihre Fahr- und Bremslichter, die Signale der Verkehrsampeln. In der bewussten Unschärfe der Darstellung teilt sich die rasante Bewegung des Verkehrs unmittelbar mit, menschliche Gestalten werden zu hilflosen Schemen, ihre Körperlichkeit löst sich im Scheinwerferlicht auf. Manche Künstler sprechen nicht offen über die sie bewegenden Gehalte ihrer Bilder, eher über deren formale Eigenarten. So hält es auch Katharina Duwe mit der Thematik ihrer Nachtbilder. Begründet hat sie ihre Neigung zu ihnen und zum künstlichen Licht der Verkehrsszenerie nicht mit deren Themen, sondern mit der durch sie bestimmten Form: „Die Nachtatmosphäre interessiert mich, weil die Gegenständlichkeit in den Hintergrund tritt. Die Umrisslinien werder unscharf. Man muss mehr raten, wo die Form anfängt und wo sie aufhört. Die Formen werden rätselhafter. Und noch etwas anderes: Das künstliche Licht entwickelt in meinen Bildern eine eigene Formensprache, die als farbige Akzente über der annähernd erahnbaren, gegenständlichen Welt ihr eigenes Spiel entfaltet.“


Heinz Spielmann